Zehn Performer und Performerinnen gehen auf dem Goethewanderweg in Ilmenau. Einer nach dem anderen. Jede/r spricht eine andere Fremdsprache und sie sind ausgestattet mit Headset-Mikrofonen und Aufnahmegeräten. Sie sprechen ununterbrochen, bleiben dabei immer Gegenwart und reagieren permanent auf ihre Umgebung. Im besten Falle reagieren sie auf ihr eigenes Sprechen und erzeugen so einen Kurzschluss zwischen Sehen und Sprechen.
Auf der Hälfte des Weges betreten sie das Goethe-Häuschen, in dem fünfzehn Übersetzungen von Wanderers Nachtlied auf Glasplatten gedruckt hängen.Sie dolmetschen diese Übersetzungen spontan zurück ins Deutsche. (Für die Radio-Produktion haben die Teilnehmer die Texte im Goethehäuschen auf den Kopfhörer bekommen).
Hintergrund der Erforschung des automatischen Sprechens ist meine langjährige Beschäftigung mit Echtzeitmusik, einer Form der improvisierten Musik, die in Berlin in den letzten beiden Jahrzehnten eine besondere Ausprägung gefunden hat.
Einer der Protagonist dieser Szene ist Axel Dörner, der Sprecher in Goethe to go dabei ist. Wie in der Musik geht es hier dabei, einerseits loszulassen, andererseits, der eigenen Improvisation genau zuzuhören, und wieder darauf zu reagieren. Auf diese Weise kann ein Kurzschluss zwischen Wahrnehmung und Sprechen entstehen.Die ständige Wiederholung ist dabei ein Mittel, das Springen der Gedanken in einen lautlichen Fluss zu zwingen, der musikalische Qualitäten entwickeln kann.

Das automatische Sprechen/automatic speaking ist inspiriert von Naturgedichten und Wanderliedern aller Zeiten, der écriture automatique der Surrealisten, vom stream of consciousness, der multiperspektivischen Malerei der Kubisten, der Lautpoesie der Wiener Gruppe, den Schreiblandschaften von Carlfriedrich Claus, der Berliner echtzeitmusik- Szene und konstruktivistischen Wahrnehmungstheorien.
Es geht nicht um eine vermeintlich objektive Abbildung der Natur im sound scape sondern um den Versuch, die subjektive Wahrnehmung der unmittelbaren Umgebung – die durch permanente Bildschirmbetrachtung leider auch verloren geht- zurückzuerobern und sie als Spielfeld der Gedanken erfahrbar zu machen. Ein Spielfeld, das jedem und jeder fast immer zur Verfügung steht.